Partnerschaft, Ehe und Familie im religiösen Kontext
- Einführung
Für den Menschen ist es nicht auszuschließen, mit seiner eigenen Familie in einer angemessenen Gesellschaft zusammen zu leben. Dieses Phänomen ist auch in der Tierwelt zu treffen. Bei den Pflanzen ist es auch nicht anders. Um von den Pflanzen Früchte zu erwarten, ist eine gewisse Nähe der weiblichen und männlichen Pflanzen einer Art erforderlich. Die Nähe der Artgenossen bringt Sicherheit und Geborgenheit. Eine andere Funktion bzw. Produkt dieser Nähe ist die Fortpflanzung. Damit die Menschheit weiter existiert, müsste diese Funktion der Fortpflanzung begünstigt und gefördert werden. Der Bedarf einer Partnerschaft führt durch die uns traditionell bekannte Ehe zwangsläufig zu einer Familie. Menschliches Zusammenleben in Partnerschaft, Ehe und Familie ist ein kulturübergreifendes Phänomen. Ehe und Familie sind die Keimzellen und Reproduktionskräfte für die Gesellschaft.
Sowie alle die uns bekannten Schriftreligionen die Ehe – je nach Religion wird die Ehe anders geformt – fordern und fördern, wird auch in verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Regierungen die Ehe und die Familie gefördert. In Deutschland wird die Familie sowohl in GG geschützt aber auch finanziell gefördert, wie mit Kindergeld oder mit Steuerbegünstigungen für Eheleute oder finanzielle Förderung eines Wohneigentums. Durch Lebenspartnerschaftsgesetz von 2001 werden die eheähnlichen Lebenspartnerschaften einer Ehe gleichgestellt, spätestens bei einer Auflösung einer solchen Partnerschaft. Sowohl durch eine Ehe aber auch eine Lebenspartnerschaft entstandene Kinder haben dieselben Rechte, ob in finanzieller Förderung oder Bildung, usw.
- Katholische und Orthodoxe Position
Papst Augustinus (* 351 n.C.) erklärte einst, dass die Ehe eine Verbindung mit dem Gott und somit als Sakramentales nicht zu widerrufen sei. Die Eheleute seien durch die Ehebindung verbunden mit der Kirche und dem Jesus Christus, so der Papst. Fast tausend Jahre später, im Jahre 1274 n.C. in Lyon, wurde die unter die sieben Sakramente – diese sind: Taufe, Eucharistie, Firmung, Beichte, Krankensalbung, Priesterweihe und Ehe – aufgenommen.
Ehe ist ein Institut der Schöpfung und ein Zeichen Handelns Gottes am Menschen. Eine Ehescheidung dieses sakramentalen Bundes ist undenkbar, denn sie, die Eheleute, sind durch die Trauung der Kirche zusammengeschmolzen und ein Mensch geworden. Denn die Trauung macht möglich, dass zwei Menschen Ein-Fleisch werden. Es sei denn, es gibt andere Gründe, die eine Ehescheidung ermöglichen. Ansonsten sind die Geschiedenen zu den Sakramenten nicht zu gelassen. Unabhängig von der Ehescheidung, ob mit oder ohne einen triftigen Grund, wird die zweite Ehe des geschiedenen nicht seiner ersten Ehe gleichgestellt.
Die katholische Kirche sieht die Eheleute als Laienapostel. Das Zuhause ist eine Hauskirche, die Eltern sind Vorbilder und Glaubensbote für die Kinder. Ein Paar vor der Eheschließung sollte gleichberechtigt sein, sich lieben und seelischen Wohlwollen empfinden und gegenseitig Treue und Ehre zu sichern. Geschlechtsakt ist lediglich zum Sichern der Nachfahren erlaubt, ansonsten nicht. Dies führt zu einer logischen Schlussfolgerung, dass andere Formen der Lebenspartnerschaften nicht erlaubt sind, da ihre Geschlechtsakte nicht zu einer Fortpflanzung dienen.
Die orthodoxe Kirche geht mit der Ehescheidung barmherzlicher um als die Katholische. Sie meint, dass ein innerlich getrenntes Ehepaar nicht zwangsläufig zusammenleben müssen, sondern mit einer Buße sich scheiden lassen können und wenn erwünscht, wieder heiraten werden.
Ein Katholik ist berechtigt, unter der Voraussetzung, dass er der Kirche und seinem Glauben treu bleibt, einen andersgläubigen zu heiraten; diese Absicht sollte er seinen Partner wissen lassen.
- Evangelische oder Protestantische Position
Die Ehe ist eine profane Angelegenheit, sie hat nichts Heiliges in sich. Es geht um Befriedigung und Auslebung der natürlichen sexuellen Triebe. Dennoch ist die Eheschließung vom Gott gewollt und so steht sie unter seinem Segen. Sie ist schon eine religiöse Angelegenheit, obwohl sie nicht heilig ist.
Die Epoche der Romantik, spätes 18. Jahrhundert bis spätes 19. Jahrhundert, hat – wie alle anderen Lebensbereiche – auch die Partnerschaft und Ehe beeinflusst. Die gegenseitige Liebe, die Seelenverwandtschaft, die gegenseitige sexuelle Anziehung und wechselseitige Fürsorge sind wichtiger denn je für eine Ehebindung. Die Ehe als Lebensgemeinschaft ist der Ernstfall der Liebe, sagte der Philosoph Karl Barth.
Die protestantische Tradition begünstigt mit ihrer Position a) die voreheliche Partnerschaft, b) Lebensgemeinschaften der älteren Paare, weil die Frau die Aufhebung ihrer Witwenrente befürchtet, c) Lebensgemeinschaften von gleichgeschlechtlichen Partnern. Es gibt sogar homosexuelle Pastoren, die im Pfarrhaus wohnen und kaum Widerstand erfahren. Die Ehescheidung ist Luther nach möglich. Eheschließungen mit den Angehörigen anderer Religionen wie Islam ist möglich. Die Schwierigkeiten solcher Ehe werden eher hervorgehoben als ihr Nutzen.
- Islamische Position
Die eheliche Partnerschaft ist nach islamischer Sicht und Tradition ein Vertrag zwischen zwei heiratsfähigen Menschen und ein Zeichen Gottes, wie es im Koran so heißt: „Und es gehört zu Seinen Zeichen, dass Er euch aus euch selbst Gattinnen erschaffen hat, damit ihr bei ihnen Ruhe findet; und Er hat Zuneigung und Barmherzigkeit zwischen euch gesetzt. Darin sind wahrlich Zeichen für Leute, die nachdenken.“ (Koran, 30:21, Übersetzung: Bubenheim & Elyas). Die göttliche Offenbarung erwähnt bezüglich der Ehe in erster Linie die Ruhe der beiden Partner. Die Ehe ist in erster Linie da, um die natürlichen sexuellen Triebe des Menschen ruhig zu stellen. Dieser Vorgang bringt die innere Ruhe, um a) die religiösen Pflichten nicht als lästig zu empfinden, b) dadurch die Augen vor eigenen unerlaubten Blicken zu schützen, c) die täglichen Geschäfte erfolgreich zu erledigen. Es ist kein Geheimnis, dass die Geschäftsleute, die eine angenehme familiäre Umgebung genießen, mehr Erfolg haben als ihre Genossen, die dieses Glück nicht haben. Hinter jedem erfolgreichen Mann steckt eine Frau, sagt ein Sprichwort. Denn in häuslicher Umgebung erhaltene Zuneigung und Barmherzigkeit, sei es von der eigenen Mutter oder Ehefrau, wird auf die nähere Umgebung reflektiert und dieser Zustand verleiht ein gewisses Charisma.
Das Recht der Ehe steht jedem zu. Denn die Familie ist der Ort der Sozialisation. Aufgrund dessen ist die gegenseitige Hilfe zur Familiengründung eine von vielen guten Taten. Eine zölibatäre Lebensführung hat islamisch keinen Wert und wird nicht empfohlen. Obwohl die Ehe einen hohen Stellenwert hat, hat sie keinen sakramentalen Charakter, wie im katholischen Verständnis. Fortpflanzungsabsicht ist keine Bedingung beim Geschlechtsakt.
Beim Verheiraten zweier Menschen soll das Wohlwollen beider eingeholt werden. Es ist vom Propheten (saw) verboten worden, ein Mädchen gegen ihren Willen zu verheiraten. Das Mädchen sollte entweder mit „ja“ antworten oder auch ihr Schweigen als Ergebnis ihrer Verschämtheit könnte als „ja“ gedeutet werden, so der Prophet. Ein klares „nein“ heißt „nein“. Ein klarer Beweis, dass im Islam keine Zwangsheirat gegeben ist.
Die junge, unerfahrene Frau wird von ihrem Vater oder einem bestellten Juristen begleitet, um ihre Interessen wahrzunehmen. Bei der Trauung wird a) ein Betrag festgelegt, welcher „mihr“ genannt wird; b) zwei vollwertige Zeugen müssen dabei sein, c) beide Partner bestätigen ihre Heiratsabsicht mit „ja“. So ist die Trauung beschlossen und die Partner dürfen sich Mann und Frau nennen. Eine weitere wichtige Voraussetzung einer Trauung ist, dass diese Trauung öffentlich bekannt gegeben wird.
Obwohl der Islam die Ehe fordert und fördert, gibt es Hindernisse der Ehe, einige Regel, die im Koran [Sura 4, Vers 23] und Sunna – Heiratsverbot der Tante der Ehefrau ist vom Propheten hinzugefügt – geregelt sind. Ehehindernisse im Islam sind Blutverwandtschaft und Milchverwandschaft. Ein Verwandtschaftsverhältnis durch Adoption besteht nicht. Der Prophet heiratete Zaynab, nachdem sie von seinem Adoptivsohn Zayd geschieden wurde.
Laut Koran (Sura 5, Vers 5) darf ein Muslim eine Angehörige einer anderen Schriftreligion unter bestimmten Voraussetzungen heiraten. Der umgekehrte Fall ist nicht erlaubt, da die Frau so nicht in der Lage wäre, die Kinder islamisch zu erziehen. Obwohl erlaubt, sind solche Mischehen nicht zu empfehlen, weil sie nicht stabil sind. Unter der Voraussetzung, dass der Mann gerecht handelt, darf er bis maximal zu vier Ehefrauen gleichzeitig haben. Wenn nicht, dann ist eine Ehefrau am besten. Mehr als vier Ehefrauen zu haben ein Privileg für den Propheten (saw) und ist ansonsten verboten. Die Regel und Norm heutzutage in islamischen Ländern ist die Monogamie. Die Fortpflanzung ist nicht Pflicht, dennoch wird sie empfohlen, um die islamische Gemeinschaft zu stärken. Trotz der Freiwilligkeit der Fortpflanzung ist der Durchschnittsalter in den islamischen Ländern niedriger als die von den Christen regierten europäischen und vereinigten amerikanischen Ländern. Zu gegeben ist die Pflicht der Fortpflanzung ein Sakrament der Katholiken.
Falls es mal nicht so laufen sollte, wie man es sich vor der Trauung vorgestellt hat, ist die Ehescheidung erlaubt. Bekannte Verfahren der Scheidung sind a) talaq: initiative des Mannes (Koran, 2:227-232), b) hul‘: Forderung der Scheidung seitens Ehefrau gegen eine vereinbarte Ablöse, c) Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen, d) Gerichtsurteil: Anklage wegen Untreue, Vernachlässigung, Misshandlung und ähnliche Zustände, die eine harmonische Partnerschaft nicht möglich machen.
Weil Kindeswohl im Vordergrund steht, werden die Kinder – nach der Scheidung – einem Elternteil zugesprochen, welches nicht überfordert sein sollte. Kinder sind nicht Eigentum der Eltern, denn sie sind ihnen vom Gott geliehen. Es wird überliefert, dass der Prophet (saw) einem älteren Jungen die Wahl überließ, dieser dann sich für seine Mutter entschieden hat.
Die Ehe und Familie bilden eine religiöse und soziale Keimzelle. Beide Ehepartner sollten behutsam und respektvoll miteinander umgehen. Bei Konflikten empfiehlt der Koran, einen Richter von seinen Verwandten und einen von ihren Verwandten zu bestellen, um zu schlichten. Wenn sie selbst dann nicht mehr zusammenleben wollen, geht Jeder seinen eigenen Weg. Niemand darf gegen seinen eigenen Willen unberechtigt festgehalten werden. Der Glaube ist eine sittliche und verbindende Kraft, glücklich zu leben und zu wirken. Es sei denn, man hat Geduld miteinander in der Ehe, um eine Belohnung für seine Geduld im Diesseits und Jenseits persönlich vom Schöpfer selbst zu erhalten. Auch das ist möglich.
Etiketler: ehe, familie, partnerschaft